Wenn Kinder von Kollaborateuren einen Sozialarbeiter um Hilfe ansprechen, sagen sie selten, daß ihre Probleme in einem Zusammenhang mit dem stehen, was sie in und nach dem Krieg durchlebt haben.
In der Regel sprechen sie von:
- Mißtrauen Anderen gegenüber, Unfähigkeit, Anderen Vertrauen zu schenken, ihnen Wärme und Freundschaft zu geben. Dies ist eine sehr weite Aussage. Sobald sie eine Beziehung
eingehen oder einen Kontakt aufnehmen, stehen Kollaborateurskinder (bewußt oder unbewußt) vor der Frage: werde ich akzeptiert werden, selbst wenn sie ‘wissen’, und, wenn ja, wird man mich verstehen? Dieses Problem tritt in jeder ihrer Beziehungen auf: mit den Partnern, den eigenen Kindern und mit Helfern/Sozialarbeitern. Die meisten der folgende Probleme sind mit diesem in der einen oder anderen Weise verknüpft. - Beziehungsprobleme: Probleme in der Ehe, sexuelle Probleme, Impotenz.
- Angst, Furcht vor dem Leben, Depressionen
- Hemmungen, Unfähigkeit zum Umgang mit Gefühlen
- Minderwertigkeitsgefühle: Unfähigkeit, etwas richtig zu machen; das Gefühl nicht zugehörig zu sein
- Eine ganz merkwürdige Dankbarkeit denjenigen gegenüber, die ihnen Beachtung schenken. Das beinhaltet das Risiko, sich an Beziehungen zu klammern, in denen der Andere ihre ‘Unterwürfigkeit’ ‘ausbeuten’ kann.
- Aggressivität, vor allem in Situationen, in denen ihnen oder anderen eine Ungerechtigkeit
widerfährt - Ein Gefühl von Schuld sowohl den Eltern, aber auch dem Partner gegenüber, der in ihrer Beziehung so viel ’tragen’ muß
- Körperliche Symptome, z.B. ein steifer Hals oder Rückschmerzen; die Last der Anspannung und des ‘Geheimnisses’ wird im wahren Sinn unerträglich
- Nervöse Beschwerden wie Alpträume und Schlaflosigkeit
- Alkoholismus, starkes Rauchen und obsessives Arbeiten
Die Ängste, mit denen diese Menschen zu leben haben, sind oft unermeßlich. Viele treiben sich selbst an ihre äußerste Grenze, arbeiten hart, um zu vergessen, versuchen immer mehr zu tun als körperlich oder seelisch möglich ist. Wenn äußere Umstände (Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit, Scheidung, ein Todesfall in der Familie, Altern) ihre körperliche und seelische Widerstandskraft schwächen, sind sie sehr schnell überfordert. Die Probleme, denen sie über so viele Jahre hinweg zu entkommen suchten, werden dann unabweisbar.